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KI-Zwang und Bequemlichkeit

Veröffentlicht am 09.08.2025
Geschätzte Lesedauer: 5 min

Ich habe letztens einen Blogpost gelesen, in dem der Autor darüber klagt, dass uns als Nutzern KI in allen digitalen Produkten aufgezwungen wird. Er erklärt, dass ein Grund dafür ist, dass es die Nutzerzahlen für LLM basierte chatbots, wie chatGPT, verbessert, wenn man den Nutzern keine Wahl lässt. Wenn Google als Erstes unter jeder Suchanfrage eine KI-Zusammenfassung platziert, kann jede Suche als eine Nutzung ihres KI Modells gezählt werden. Es kann ja keiner nachvollziehen, ob ein Nutzer die Zusammenfassung liest, oder überspringt. Gleichzeitig verbergen die Techkonzerne mit dieser Strategie auch, dass nur sehr wenige Menschen ihre KI Produkte freiwillig und gerne nutzen.
Der Autor des Artikels denkt, dass die Nutzerzahlen der großen KI-Firmen, wie openAI, ohne solche Zwänge so schlecht wären, dass die Hypeblase sofort platzen würde. So weit stimme ich dem Autor dieses Blogs auch zu. Ich stimme ihm allerdings nichtmehr zu, wenn er sagt, dass es keine möglichkeit gäbe, sich den leidigen KI-Assisstenten zu entziehen. Er meint, die Produkte der großen Techkonzerne wären schon so essentiell für unsere digitalen Leben, dass keine Chance besteht, ihre Dienste nichtmehr zu nutzen. Dann listet er einige Dienste auf, auf die er verzichten müsste, wenn er sich big Tech entziehen wollte.

Abgesehen von Microsoft Office, das viele professionell nutzen, laufen alle diese Punkte eigentlich auf Bequemlichkeit hinaus.

Email

Sowohl Android- als auch Applehandys liefern ein Emailkonto mit. Wer Googledienste, wie den Playstore, benutzen möchte braucht eine Gmail Adresse. Genauso bekommt man als Applekunde eine icloud Adresse. Das ist natürlich praktisch, aber eine Adresse von einem anderen Anbieter zu bekommen ist genauso einfach, wie sich bei Google oder Apple zu registrieren. Ich selbst benutze eine Adresse von Posteo, die mich exakt einen Euro im Monat kostet. Im Gegenzug bekomme ich einen Anbieter für mein Emailpostfach, der meine Nachrichten nicht analysiert und sie auch nicht mit anderen Daten über mich zusammenführt und für alle Zeiten aufbewahrt, ob ich will oder nicht.

Googlesuche

Ed Zitron hat in seinem Newsletter "The man who destroyed google search" ausführlich dargelegt, warum die Googlesuche immer schlechter geworden ist. Bei der Jagd nach immer höheren Werbeeinnahmen wurden die Suchergebnisse absichtlich schlechter gemacht, damit Nutzer mehr Suchanfragen stellen müssen, bis sie das Gesuchte finden. Es gibt viele alternative Suchdienste, duckduckgo, Ecosia, Qwant sind hier einige Beispiele. Ecosia und Qwant haben außerdem kürzlich angekündigt, gemeinsam einen Euröpäischen Suchindex erstellen zu wollen. Bisher hatten beide Googles Index benutzt und ihre eigenen Dienste darauf aufgebaut. Ein eigenständiger Suchindex würde die Anbieter unabhängiger von Google machen und auch zukünftigen Konkurrenten ermöglichen unabhängig von Google zu operieren. Ich habe außerdem viel Gutes über den Suchanbieter Kagi gehört, der die Ergebnisse anderer Suchanbieter sammelt und für Nutzer zusammenführt. Bei Kagi bekommt man allerdings nur 100 Suchanfragen pro Monat umsonst. Für 5€ pro Monat, kann man diesen Wert auf 300 erhöhen, was nach ihren Angaben deutlich über dem Suchvolumen eines Durchschnittsnutzers liegt.

Amazon

Die Abhängigkeit von Amazon mag in den USA nochmal schlimmer sein als hier, aber mal ganz im Ernst, ist es denn so schlimm, wenn man nicht jeden möglichen Kram innerhalb eines Tages an seine Haustür geliefert bekommen kann? Dinge die man kaufen möchte zuerst in einem Laden anzuschauen und mit Alternativen zu vergleichen, oder Kleidung anzuprobieren, gibt einem außerdem ein größeres Wertgefühl für seine Besitztümer.

Spotify

Musikstreaming bei Spotify schadet den Künstlern. Spotify bezahlt Musiker unverschämt niedrig und versucht obendrein mit KI-generierter Musik Musiker komplett abzuschaffen. Aber ich sehe auch wie unter meinen Freunden ein gewisser Zwang existiert, immer am Puls der Zeit zu sein und die neusten Trends und Stars zu kennen. Aber wisst ihr was? Ist doch egal. Wichtig an Musik ist nicht, wie neu sie ist, sondern ob sie euch gefällt! Wenn ihr das gleiche Album, oder auch nur ein Lied tausendmal am Stück anhören wollt, lasst euch nicht aufhalten! Ganz ehrlich, das beste Elektrogerät, das ich jemals besessen habe, war ein MP3-Player. Der war kleiner als moderne Handys und hat wortwörtlich 24 Stunden lang Musik abgespielt, ohne dass ich aufladen musste. Ganz ohne Werbung, fake KI-Musik und ohne monatliche Kosten. Allerdings musste ich alle Alben, die ich hören wollte, einzeln kaufen und dann auf den MP3-Player übertragen. Aber hier gilt auch wieder, wenn man sich mehr mit den Dingen beschäftigt die man kauft, schätzt man die Dinge die man hat mehr. Ich kann nach 20 Jahren immernoch sagen, welche die erste CD war, die ich mir gekauft habe. Wer weiß noch, was das erste Lied war, das er oder sie auf Spotify angehört hat?

Kundenservice

Kundenservice ist ein Problem. Hier hat man als Kunde wirklich wenig Einfluss. Andererseits war Kundenservice auch vor generativer KI schon grauenvoll. Und außerdem würde die KI-Blase sofort platzen, wenn Firmenchatbots die einzige verbliebene Anwendung wären.

Zusammenfassung

Bequeme Lösungen hören sich immer großartig an, wenn man wenig Bequemlichkeit hat. Zu viel Bequemlichkeit führt aber zu Einsamkeit und Depression. Mühe in Dinge zu investieren ist kurzfristig natürlich unangenehm, aber langfristig fühlt es sich besser an.

Macht es, wie Ed Zitron in seinem Podcast "Get into vinyl" gesagt hat. Beschäftigt euch bewusst mit den konkreten Dingen in eurem Leben anstatt mit den Feeds. Kauft eure Sachen in Läden. Kocht euer eigenes Essen. Fahrt mit dem Fahrrad. Zahlt einen verdammten Euro im Monat für einen Emailanbieter, der euch wie einen echten Kunden behandelt und nicht wie eine Resource die man ausbeuten muss. Benutzt Signal statt WhatsApp. Kauft Musik auf Platte oder sonstwie direkt von den Musikern.

Und wenn sich das alles zu anstrengend anhört, sucht euch das aus, was ihr am einfachsten umsetzen könnt und macht nur das. Und dann erzählt euren Freunden davon, wie es gelaufen ist. Und wenn es funktioniert, dann könnt ihr die nächste Änderung machen. Niemand ist perfekt und niemand muss perfekt sein.

Viele andere haben auch schon darüber geschrieben, wie man Google und Co aus seinem digitalen Leben verbannen kann, zum Beispiel Digitalcourage. Die End of 10 Kampagne bietet Informationen dazu, wie man seinen Computer weiterverwenden kann, wenn er nicht Windows 11 fähig ist.

Es gibt Alternativen und das einzige was es uns kostet ist ein bisschen Bequemlichkeit und unsere wundgelegenen Stellen.